Luxmeter App vs. Messgerät:
Sind Smartphones zum Messen geeignet?
Es gibt für alles eine App. Mit diesem Versprechen wollen uns Smartphone und App Hersteller den Alltag erleichtern. Auch für den Licht- und Architekturbereich gibt es zahlreiche Angebote. Für uns besonders interessant: Luxmeter Apps – ersetzen sie ein professionelles Messgerät?
Mit dieser Frage werden wir immer häufiger konfrontiert. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Apps sind kostenlos oder für kleines Geld verfügbar. Es wäre doch praktisch, ein Beleuchtungsstärkemessgerät, welches je nach Hersteller und Genauigkeitsklasse zwischen 100 und 2.000 Euro kostet, mit Hilfe einer App und dem ohnehin vorhandenen Smartphone zu ersetzen.
Akkreditiertes Lichtlabor, DIAL
Als Betreiber eines akkreditierten Lichtlabors können wir über die Idee, mit dem Smartphone eine fotometrische Größe zu ermitteln, eigentlich nur schmunzeln. Trotzdem möchten wir der Frage auf den Grund gehen: Wir begeben uns auf die Suche nach verschiedenen Luxmeter Apps für die verschiedenen Betriebssysteme, um sie auf den Prüfstand zu stellen. Wir wollen herausfinden, wie gut sie sich im Vergleich zu einem kalibrierten Beleuchtungsstärkemessgerät der Klasse A aus unserem Laborbestand schlagen.
Aus Gründen der Vereinfachung und der Übersichtlichkeit beschränken wir uns in diesem Artikel auf die Darstellung der Ergebnisse, die wir mit der LED Lichtquelle ermittelt haben.
Hardware
Für die Untersuchung kommen sowohl iPhones verschiedener Baureihen, als auch Geräte der Hersteller Sony, Samsung und Nokia zum Einsatz.
Hersteller | Betriebssystem |
iPhone 5 | iOS |
iPhone 5S | iOS |
iPhone 6 | iOS |
Sony Speria Z1 | Android |
Sony Xperia Z2 | Android |
Samsung Galaxy S5 | Android |
Nokia Lumia 925 | Windows |
Software
Folgende Luxmeter-Apps, die meisten davon waren kostenlos, haben wir ausgewählt und auf den jeweiligen Systemen installiert:
App | Anbieter | Betriebssystem | Kalibrierung | Preis |
Galactica Luxmeter | Flint Soft Ltd. | iOS | Nein | Kostenlos |
LightMeter | Whitegoods | iOS | Ja | Kostenlos |
LuxMeterPro Advanced | AM PowerSoftware | iOS | Ja | 7,99 € |
Luxmeter | KHTSXR | Android | Ja | Kostenlos |
Light Meter Pro | Mannoun.Net | Android | Ja | Kostenlos |
Lux Light Meter | Geogreenapps | Android | Ja | Kostenlos |
Sensor List | Ryder Donahue | Windows | Ja | Kostenlos |
Referenz
Die Referenzmessungen führen wir mit einem Beleuchtungsstärkemessgerät des Herstellers PRC Krochmann durch (Modell 106e, Sonderversion, Genauigkeitsklasse A). Selbstverständlich mit gültiger rückführbarer Kalibrierung.
Lichtquellen
Für die Untersuchung haben wir drei unterschiedliche Lichtquellen ausgewählt:
- Niedervolt-Halogenglühlampe
- Kompaktleuchtstofflampe (ähnlichste Farbtemperatur: 2.700 K)
- LED (ähnlichste Farbtemperatur: 3.000 K)
Testaufbau
Der Test findet in einem Raum ohne Tageslicht und ohne Einfluss anderer Kunstlichtquellen statt. Mit den genannten Lichtquellen werden auf einer horizontalen Fläche nacheinander eine Referenzbeleuchtungsstärke von 100 lx, 500 lx und 2.000 lx eingestellt. Dazu wird der Fotometerkopf des PRC Beleuchtungsstärkemessgerätes axial unter der Leuchte (Gamma 0°) angeordnet. Nacheinander werden nun die verschiedenen Smartphones mit den jeweiligen Apps zur Messung der Beleuchtungsstärke verwendet. Dabei wird die Frontkamera bzw. der Helligkeitssensor auf der Displayseite der Smartphones verwendet. Sensor bzw. Frontkamera werden exakt am Referenzpunkt positioniert, an dem sich vorher der Fotometerkopf des Beleuchtungsstärkemessgerätes befand. Dieser Aufbau wird für alle Apps beibehalten, mit Ausnahme der kostenpflichtigen App LuxMeterPro Advanced, da diese das reflektierte Licht einer Fläche als Eingabe benötigt. Die zahlreichen Einstellungen in dieser App bzgl. des Typs der Lichtquelle, des Abstands der beleuchteten Fläche zur Lichtquelle, usw. werden ebenfalls vorgenommen. Einige Apps bieten die Möglichkeit einer Kalibrierung an. Diese Kalibrierung wurde gemäß Beschreibung der Hersteller immer bei einer Referenzbeleuchtungsstärke von 100 lx durchgeführt.
Auswertung
Im Rahmen unserer Untersuchung haben wir zunächst festgestellt, dass man zwar einige Apps auf einen bestimmten Wert kalibrieren konnte, allerdings konnte man diesen Wert oft nicht präzise genug einstellen. So erfolgte die Kalibrierung häufig nur in großen Sprüngen, oder der Referenzwert von 100 lx konnte nicht eingestellt werden, da sich die App z.B. auf maximal 34 lx kalibrieren ließ (iPhone 5 in Kombination mit LightMeter by whitegoods). Die Abweichungen von der Referenzbeleuchtungsstärke waren teilweise extrem hoch (bis zu 113 % bei der Kombination des Samsung Galaxy S 5 mit der App Lux Light Meter von Geogreenapps). Bei einem Referenzwert von 500 lx wurden im Display des Smartphones 1.063 lx angezeigt. Die geringste prozentuale Abweichung (3 %) trat bei einem iPhone 5 in Kombination mit der App LightMeter by whitegoods auf. Beim Referenzwert von 500 lx wurden auf dem Smartphone 484 lx angezeigt. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass genau diese Kombination immer zur geringsten prozentualen Abweichung vom Referenzwert führt. Bei einem Referenzwert von 100 lx lag die App auf demselben Smartphone nämlich mit einem angezeigten Wert von 11 lx um 89 % daneben.
Generell lässt sich beobachten, dass die angezeigten Werte der Sony Geräte, des Samsung und des Nokia Smartphones weit oberhalb der Referenzwerte liegen, während die iPhones in der Regel Werte weit unterhalb der Referenz angeben. Die mittlere Abweichung zum Referenzwert, gemessen mit allen Apps der Android Smartphones und des Windows Phones liegt im Schnitt ca. 60 % unterhalb der Referenz. Die mittlere Abweichung aller Werte, die mit sämtlichen iPhones gemessen wurden, liegt um ca. 60 % unter den Referenzwerten.
Weiter lässt sich feststellen, dass die installierte App auf dem Samsung Smartphone und der Sony Geräten offenbar keinen Einfluss auf den angezeigten Wert hat. Offenbar wird bei diesen Geräten der Helligkeitssensor und nicht die Kamera zur Beleuchtungsstärkemessung verwendet. Bei einigen Samsung Modellen kann über die Tastenkombination *#0*# in den LCD Test Modus gewechselt werden. Hier kann man unter der Funktion Lichtsensor die angebliche Beleuchtungsstärke ablesen, ohne eine App zu installieren. Die Installation einer App scheint hier überflüssig, da sie offenbar nur der Darstellung des Wertes dient. Dennoch wichen auch alle angezeigten Werte dieser Geräte im Bereich von 37 bis 113 % vom Referenzwert ab.
Führt die gleiche Hardware in Kombination mit der gleichen App auch zu gleichen Ergebnissen?
Unabhängig von den großen Schwankungen der gemessenen Werte haben wir uns die Frage gestellt, ob baugleiche Smartphones mit der gleichen App auch gleiche Beleuchtungsstärkewerte anzeigen. Dazu haben wir vier baugleiche Smartphones des Typs iPhone 5 jeweils mit den Apps Galactica und LightMeter by whitegoods verwendet. Doch leider wurden wir auch hier enttäuscht. Das Diagramm zeigt, dass es bei den vier Smartphones teilweise zu völlig unterschiedlichen Messergebnissen kommt.
Den Grund dieser Schwankungen baugleicher Geräte, vermuten wir in den Toleranzen der in den Smartphones verbauten Komponenten. Toleranzen, die dem Nutzer im alltäglichen Gebrauch des Smartphones nicht weiter auffallen, haben offenbar hier im direkten Vergleich große Auswirkungen auf die angezeigten Beleuchtungsstärkewerte.
Ist die prozentuale Abweichung vom Referenzwert immer gleich?
Verwendet man nun ein Smartphone mit immer der gleichen App, könnte man ja vermuten, dass man es trotzdem gut zur Messung der Beleuchtungsstärke verwenden kann, wenn man nur die prozentuale Abweichung vom Referenzwert kennt. Doch ist die prozentuale Abweichung des von der App angezeigten Wertes im Vergleich zum Referenzwert bei verschiedenen Beleuchtungsstärken gleich? Um dieser Frage nachzugehen, haben wir mit einem iPhone 5 eine Beleuchtungsstärkemessung unter 10 lx, 100 lx, 1.000 lx und 10.000 lx auf der optischen Bank unseres schwarzen Labors durchgeführt. Die Schritte können hier sehr präzise durch die Veränderung der Entfernung zwischen Lichtquelle und Empfänger eingestellt werden. Als Lichtquelle dient hier wiederum die LED Leuchte mit 3.000 K. Bei diesem Versuch haben wir uns die Werte von zwei verschiedenen Apps angesehen. Erfahrungsgemäß weichen die Werte der Apps untereinander ab. Teilweise allerdings sogar um bis zu 358 % (12 lx zu 55 lx, beim Referenzwert von 100 lx). Schaut man sich die prozentualen Abweichungen von den Referenzwerten an, so kann man auch hier keine Regelmäßigkeit feststellen.
Die AppGalactica lag bei 10 lx um 180 % über dem Referenzwert und bei 10.000 lx um 50 % unterhalb des Referenzwertes. Die App LightMeter by whitegoods wurde auf 10 lx kalibriert. Bei einem Referenzwert von 100 lx lag sie um 88 % und beim Referenzwert von 10.000 lx um 59 % daneben. Alle weiteren Werte der Luxmeter-Apps lagen deutlich unterhalb der gemessenen Referenzwerte. Eine immer gleiche prozentuale Abweichung in Bezug auf die verschiedenen Referenzwerte konnte nicht festgestellt werden. Nebenbei haben wir herausgefunden, dass die Verwendung der Rückkamera im Vergleich zur Frontkamera des Smartphones häufig völlig unterschiedliche Werte liefert. Darüber hinaus zeigen einige Apps niemals 0 lx an, auch dann nicht, wenn die Kamera lichtdicht abgedeckt wird.
Fazit
Die Ergebnisse belegen, dass eine seriöse Messung der Beleuchtungsstärke nur mit professioneller Hardware möglich ist. Diese hat einen V(λ)-angepassten Sensor, welcher dafür sorgt, dass eine Bewertung der auftreffenden Strahlung entsprechend der Hellempfindlichkeitskurve des menschlichen Auges für das Tagsehen erfolgt. Darüber hinaus ist eine cos-getreue Bewertung wichtig, d. h. je nach Einfallswinkel auf den Sensor erfolgt eine Gewichtung der auftreffenden Strahlung. Beides können Kameras von Smartphones nicht leisten, da ansonsten ihre ursprüngliche Funktion nicht gewährleistet wäre.
Dass ein Smartphone ein professionelles Beleuchtungsstärke ersetzen kann, ist von den Herstellern der Apps sicher nicht beabsichtigt. Die Tatsache, dass einige Apps mit sogenannten Kalibrierfunktionen arbeiten, klingt zunächst professionell und smart, aber leider lässt sich der Wert häufig nicht genau einstellen. Gelingt es dennoch, so ist der Nutzen gering, da die gemessenen Werte außerhalb des kalibrierten Wertes extrem schwanken. Selbst bei Verwendung der gleichen App auf baugleichen Smartphones kommt es zu unterschiedlichen Messergebnissen. Apps sind also leider kein adäquates Hilfsmittel zur Beleuchtungsstärkemessung und selbst für eine orientierende Messung absolut unbrauchbar. Im Gegenteil: Sie führen den Anwender auf eine völlig falsche Spur.